Potentialausgleich für Schutzzäune – sinnvolle Schutzmaßnahme oder unnötiger Aufwand?

Equipotential bonding kit

 

Wenn es um Maschinensicherheit geht, denken viele vor allem an Schutz vor mechanischen Gefährdungen wie Quetschen und Scheren oder an sicherheitsbezogene Steuerungen. Allerdings geht es auch um elektrische Sicherheit, d. h. den Schutz vor elektrischem Schlag. Eine Selbstverständlichkeit? In mancher Maschinenanlage gibt es eine potenziell riskante Lücke: die Schutzerdung von Schutzzäunen, die eine Maschine umgeben. 

Seit Jahren kommt die Frage, ob Schutzerdung und Potentialausgleich für Schutzzäune erforderlich sind, immer wieder auf. Viele haben sich von der Neufassung der EN (IEC) 60204-1 eine endgültige Antwort erhofft. Aber leider bleibt auch die neue Norm ein wenig ambivalent und offen für Interpretationen. Was spricht für und was gegen die Schutzerdung von Schutzzäunen?

 

Gefährdung durch das Berühren „fremder leitfähiger Teile“ 

Zunächst einmal lässt es sich nicht wegdiskutieren, dass es sich bei metallischen Schutzzäunen um elektrisch leitende Teile handelt. Das gilt sogar, wenn sie lackiert oder pulverbeschichtet sind; denn die Lackierung kann defekt sein und an den meisten Schutzzäunen sieht man metallisch blanke Befestigungsmittel. Wenn ein Teil elektrisch leitend ist, kann es ein „Potential“ annehmen, welches beispielsweise aus der „Erde“ kommen kann. Die elektrische Ladung, die am Befestigungspunkt eines Pfostens vorhanden ist, kann auf den Zaun übergehen. Damit kommt ein Schutzzaun unter die Definition des „fremden leitfähigen Teils“ nach EN 60204-1 Abschnitt 3.1.28. 

Wieso kann das Berühren eines solchen „fremden leitfähigen Teils“ gefährlich sein? Wenn eine Person gleichzeitig den Zaun und ein Teil mit einem anderen Potential berührt, z. B. eine leitende Maschinenoberfläche, kann ein Strom durch die Person fließen. Es kommt zum „Potentialausgleich“. Solche Ausgleichsströme können abhängig von der vorliegenden Spannung durchaus gefährlich werden. Wir kennen Ähnliches vom Laufen über einen Teppich: Man lädt sich dabei statisch auf und berührt dann ein anders geladenes Metallteil, meist eine Türklinke. Die Ladung geht dann vom Körper in das Metallteil über, es kommt zu einem elektrischen Schlag. 

Bei einem solchen durch elektrostatische Aufladung verursachten Spannungsausgleich, bleibt es meist beim Schreck, weil der Strom nicht gefährlich hoch ist. In einer Fabrikhalle kann das anders ausgehen. Zum Beispiel kann ein starkes Magnetfeld in der Nähe einen Schutzzaun aufladen. Es könnte von einer leistungsstarken elektromagnetischen Spanneinrichtung, einem großen Induktionsheizer oder dem Mittelspannungsmotor eines Schienenfahrzeugs in der Nähe stammen. Auch ein Blitzschlag in der Nähe des Gebäudes kann lokal das Erdpotential deutlich erhöhen.  

Theoretisch ist die Gefährdung durch Ausgleichsströme leicht abzustellen. Man verbindet einfach den Schutzzaun leitend mit anderen metallisch leitenden berührbaren Oberflächen der Maschine. So haben diese immer das gleiche Potential (die gleiche Spannung) und es kann nicht zu Ausgleichsströmen kommen. Der einfachste und konsequenteste Weg dazu besteht darin, den Schutzzaun mit dem Schutzleitersystem der Maschine zu verbinden, die er umgibt. Moderne Fabrikhallen haben ein Potentialausgleichssystem und stellen den Potentialausgleich durch eine ausreichende Dichte an Erdungselektroden sicher, an die leitende Teile angeschlossen werden können. 

 

Wenn ein Schutzzaun in die Schutzerdung einbezogen ist, kann es nicht zu einem elektrischen Schlag durch einen „Potentialausgleich“ kommen.

Gefährdung durch Fremdspannung von defekten Geräten 

Ein mindestens ebenso hohes Risiko geht von „Fremdspannungsquellen“ in der Nähe eines Schutzzauns aus. Worum könnte es sich handeln? Zum Beispiel könnte der Phasenleiter eines defekten Kabels den Zaun berühren. Das Kabel könnte zu einem Elektrowerkzeug gehören, dass bei Wartungsarbeiten an der Maschine eingesetzt wird. Die Spannung ginge von dem defekten Kabel auf den leitenden Zaun über. Ein elektrischer Schlag wäre dann die Folge, wenn jemand den Zaun berührt. 

Ist ein solcher Fall konstruiert oder übertrieben? Keineswegs; denn der Schutzzaun selbst hat Elemente, die Kabel beschädigen können. Dreh- und Schiebetüren können Kabel quetschen und dabei deren Isolation zerstören. Und der Einsatz von elektrischen Geräten bei der Reinigung und Wartung ist eher der Regelfall als die Ausnahme. 

Aber sollte im oben beschriebenen Fall nicht eigentlich eine Sicherung auslösen? Ja, das wäre wünschenswert. Doch wenn der Schutzzaun nicht in die Schutzerdung vor Ort einbezogen ist, wird wahrscheinlich keine Sicherung ansprechen. Auch die Schutzerdung des Elektrowerkzeugs hilft hier nicht, denn der Zaun ist auch damit nicht verbunden. 

Die Lösung für dieses Problem ist die gleiche wie die Maßnahme zur Vermeidung von Ausgleichsströmen: Alle leitenden Elemente des Schutzzauns müssen mit dem Schutzleiteranschluss der Maschine verbunden sein, die er umgibt. Berührt dann ein defekter Phasenleiter den Schutzzaun oder gelangt Fremdspannung auf anderem Wege in den Schutzzaun, dann löst sofort ein Sicherungsautomat aus und schaltet die Spannung ab. 

 

Wenn ein defektes Kabel einen Schutzzaun berührt, ist die Schutzerdung plötzlich lebenswichtig

Theoretisch ist es also ganz einfach diese Risiken zu mindern. In der Praxis bedeuten Potentialausgleich und Schutzerdung (die Kombination wird als „Schutz-Potentialausgleich“ bezeichnet) jedoch einen hohen Aufwand. Oft müssen Zaunpfosten und -felder angebohrt, mit Kontakthülsen versehen und dann über Erdungsleitungen mit einem Schutz-Potentialausgleichsleiter entlang des gesamten Zaunes verbunden werden (in unseren Abbildungen ist dieser orange dargestellt). 

Kein Wunder also, dass viele den Aufwand scheuen. Das Argument ist oft, das Risiko sei gering und die Anforderungen in den Normen seien diesbezüglich nicht zu 100 Prozent eindeutig. Gerade letzterem kann man nicht ohne weiteres widersprechen. 

Was Normen dazu sagen 

EN ISO 14120:2015 sagt in Abschnitt 5.13: „Wenn trennende Schutzeinrichtungen aus elektrisch leitendem Werkstoff hergestellt sind und in elektrisch betriebenen Maschinen verwendet werden, müssen sie als ‚fremde leitfähige Teile der Maschine‘ nach IEC 602041:2005, Abschnitt 8 betrachtet werden.“ Das ist beinahe eindeutig, nur, dass die englische Fassung nicht „müssen“ sagt, sondern „might need“, also „sollten möglicherweise“. 

IEC 60204-1:2018 enthält in Abschnitt 8.1 das Bild 4 und eine Tabelle dazu, die die Merkmale eines Schutz-Potentialausgleichssystems erläutert. Die Tabelle enthält eine Unterüberschrift „Anschlüsse zum Schutzleitersystem, die nicht als Schutzleiter verwendet werden dürfen.“ Unter dieser Überschrift sind unter anderem aufgeführt: „fremde leitfähige Teile, …, z. B.: metallene Rohre, Schutzzäune, Leitern, Handläufe.“ 

Damit deutet die Norm an, dass es erforderlich sein kann, Schutzzäune und Handläufe (Geländer) mit dem Schutzleitersystem zu verbinden. Das wäre der Fall, wenn man sie als „fremde leitfähige Teile“ betrachtet; denn diese müssen in die Schutzerdung mit einbezogen werden.  

Auch in Abschnitt 17.2 d), in dem es hauptsächlich um die Dokumentation der elektrischen Anlage geht, werden Schutzzäune und Geländer zu „den fremden leitfähigen Teilen“ mit Verbindung zum Schutzpotentialausgleichsleiter der Maschine gezählt, die „gleichzeitig mit der Maschine berührt werden können (z. B. innerhalb 2,5 m)“. Doch auch an dieser Stelle findet sich keine eindeutige Forderung, den Schutzzaun mit dem Schutzpotentialausgleichsleiter zu verbinden. Hingegen sagt die Norm jedoch im Text zum Bild 4 eindeutig, dass solche leitenden Teile selbst nicht als Schutzleiter verwendet werden dürfen. Dies erscheint ein wenig ambivalent. 

Im Rahmen der Risikobeurteilung entscheiden 

Wie kann man entscheiden, ob Schutzzäune und Geländern nun in den Schutz-Potentialausgleich mit einbezogen werden sollen oder nicht? Man möchte einerseits Sicherheit gewährleisten und andererseits keine übertriebenen oder gar unnötigen Kosten verursachen. 

Immer, wenn Normen keine eindeutigen Vorgaben enthalten, sind Risikoanalyse und -einschätzung gefragt. Folgende Fragen sollten dabei untersucht werden: 

  • Macht es die örtliche elektrische Anlage erforderlich, zusätzliche Schutzmaßnahmen zu treffen, weil kein ausreichendes Potentialausgleichssystem vorhanden ist? 
  • Besteht die Möglichkeit, dass am Boden verankerte Schutzzäune und Geländer nennenswerte Spannungen führen und es dadurch bei Berührung zu Potentialausgleichsströmen kommen könnte? (Abstand zwischen Schutzzaun/Geländer und anderen leitenden Teilen der Maschine ist <2,5 m, d. h. eine Person kann Schutzzaun und leitendes Teil gleichzeitig berühren.) 
  • Sollen in der Nähe von Schutzzäunen elektrische Geräte wie Lampen, Elektrowerkzeuge usw. verwendet werden (z. B. bei Einstell-, Rüst-, Reinigungs- oder Wartungsarbeiten)? 

Die Entscheidung sollte stets eine Elektrofachkraft auf Basis der Situation vor Ort treffen; denn nicht jede Maschinenanlage ist gleich und die Eigenschaften von Gebäuden bezüglich des Potentialausgleichs können sehr unterschiedlich sein. Axelent sieht Vorteile darin, Schutzzäune und Absturzsicherungen in den Schutz-Potentialausgleich der jeweiligen Anlage mit einzubeziehen, doch die Entscheidung darüber sollte letztlich stets dem Anlagenbauer/-betreiber überlassen werden. 

Wie auch immer Sie sich im Einzelfall entscheiden, Axelent hat nun eine passende Lösung für das Problem. Unser neues Potentialausgleichskit enthält Verbindungselemente, die direkt an die Bodenstützen und Zaunelemente angebracht werden können. Das aufwändige Anbohren von Metallteilen entfällt! Zum Potentialausgleichskit gehört auch ein Verbindungsstück, mit dem die mitgelieferten Erdungsleitungen an einen umlaufenden Schutz-Potentialausgleichsleiter angeschlossen werden können (letzterer ist nicht Bestandteil des Kits, weil seine Ausführung von den örtlichen Verhältnissen und der Anlagengröße abhängt). Den Schutz-Potentialausgleichsleiter verlegt man entlang des Zauns am besten in eine X-Tray Gitterkabelbahn. Das ist eine einfache und zugleich smarte Lösung mit gegenüber konventionellen Methoden deutlich reduziertem Installationsaufwand. 

 

Axelent Potentialausgleichskit an einem Schutzzaun, kein Bohren mehr!

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