Kapitel 3.2
Auswahl und Konstruktion trennender Schutzeinrichtungen
Feststehende trennende Schutzeinrichtungen für selten zugängliche Bereiche müssen robust und mit Werkzeugen abnehmbar sein. Nachfolgend wird erläutert, wann, wo und welche Schutzeinrichtung in den verschiedenen Situationen zu verwenden ist.
Wenn der Zugang zu einem Gefahrenbereich selten erforderlich ist (typischerweise weniger als einmal pro Woche), wird man feststehende trennende Schutzeinrichtungen einsetzen. Eine feststehende trennende Schutzeinrichtung ist eine Abdeckung, die den Zugriff verhindert und die Gefährdung nicht nach außen dringen lässt. Sie gilt als Teil der Maschine, nicht als optionales Zubehör.
Drei Grundregeln gelten für feststehende trennende Schutzeinrichtungen:
- Sie müssen geeignet und stabil genug für die erwartete Gefährdung sein.
- Sie dürfen sich nicht ohne Werkzeug
entfernen lassen (eine Münze ist kein „Werkzeug“, ein Schraubendreher oder Gabelschlüssel schon). Die Befestigungsmittel dürfen nach dem Lösen nicht verlorengehen. Sie müssen mit der trennenden Schutzeinrichtung oder der Maschine verbunden bleiben (weitere Details siehe unten). - Sie sollen nicht in Position bleiben, wenn alle Befestigungselemente entfernt worden sind (soweit das physikalisch möglich und nicht gefährlich ist – man würde nicht zulassen, dass eine 20 kg schwere Abdeckung einfach herabfällt, wenn man alle Befestigungsschrauben gelöst hat).
Da feststehende Schutzeinrichtungen nicht überwacht werden, dürfen sie nur entfernt werden, wenn die Maschine sicher stillsteht. Die Normen schreiben vor, dass sie nur im Rahmen eines „sicheren Arbeitssystems“ entfernt werden dürfen. Dabei handelt es sich um ein formelles, schriftlich festgelegtes Verfahren.
Das Verfahren sollte mindestens die folgenden Informationen enthalten:
- Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit die Schutzeinrichtung entfernt werden kann?
- In welchen Situationen oder aus welchen Gründen darf die Schutzeinrichtung entfernt werden?
- Wer ist berechtigt, die Schutzeinrichtung zu entfernen?
- Welche Gefahren bestehen nach dem Entfernen der Schutzeinrichtung?
- Was ist zu tun, bevor die Maschine wieder in Betrieb genommen wird?
Warum und wann müssen Befestigungselemente von feststehenden trennenden Schutzeinrichtungen unverlierbar sein?
Als die Forderung nach sog. „unverlierbaren Befestigungsmitteln“ aufkam, wurde sie kontrovers diskutiert. Aber die EU klärte die Fragen im „Leitfaden zur Anwendung der Maschinenrichtlinie“ und heute stehen die Bedingungen in der (EN) ISO 14120.
Unverlierbare Befestigungsmittel müssen
eingesetzt werden,
- wenn die Schutzeinrichtung für planbare Tätigkeiten wie Einstellen, Störungsbeseitigung oder Wartung entfernt werden muss (seltener als 1/Woche).
- wenn es wahrscheinlich ist, dass die Befestigungsmittel verlorengehen könnten.
Unverlierbare Befestigungsmittel sind nicht erforderlich, wenn die Schutzeinrichtungen nur für eine Generalüberholung oder für die Demontage der Maschine entfernt werden müssen.
Ermitteln der richtigen Höhe von Schutzumzäunungen
In Europa-Normen sind 140 cm als Minimum festgelegt. Niedrigere Zäune sind leicht zu übersteigen und daher nicht zulässig. In den meisten Fällen sind die Zäune jedoch viel höher.
Die richtige Höhe hängt von zwei Maßen ab:
- Die Höhe des Gefahrenbereichs über dem Boden
- Der horizontale Abstand des Gefahrenbereichs über dem Boden
Wenn diese Maße bekannt sind, kann man die erforderliche Höhe aus der unten abgebildeten Tabelle aus EN ISO 13857 ablesen.
Die gleichen Werte sind in ANSI B11.19 Anhang E angegeben.
Anmerkung: Auch von der Innenseite des Zaunfeldes zum Gefahrenbereich muss ein Mindestabstand eingehalten werden.
Gittermaß - Abstand
Bis zu einer Schlitzhöhe von 20 mm beträgt der Sicherheitsabstand ≥ 120 mm.
Das Gleiche gilt für quadratische Öffnungen, die nicht größer als 30 x 30 mm sind.
Ist der Schlitz jedoch mehr als 20 mm hoch und 30 bis 65 mm breit, ist ein größerer Sicherheitsabstand von 200 mm erforderlich.
Wenn Sie aus Platzmangel näher an die Gefahr heran müssen, verwenden Sie eine geschlossene Abdeckung.
Von Axelent angebotenes Standard-Gittermaß:
- 20 x 50 mm ≥ 120 mm
- 30 x 50 mm ≥ 200 mm
Auswahl und Positionierung eines Schutzzauns
Gefahrenbereich
Bestimmen Sie die Position des Gefahrenbereichs.
Höhe
Bestimmen Sie die maximale Höhe des Gefahrenbereichs. In diesem Fall 1600 mm.
Horizontaler Abstand
Bestimmen Sie den horizontalen Abstand der Gefahrenzone zum Zaun.
In diesem Fall 400 mm.
Wählen Sie die richtige Zaunhöhe aus der Tabelle in der Norm
EN ISO 13857, Tabelle 2, angepasst an den Zaunhöhenbereich von Axelent (siehe Tabelle oben).
In diesem Fall ist die korrekte Mindestzaunhöhe 2200 mm.
Abstand zum Boden
Prüfen Sie, ob es möglich ist, um die Schutzeinrichtung herum in einen Gefahrenbereich zu gelangen.
Abstand zum Boden
Befindet sich eine Gefahrenstelle in Bodennähe, muss sie mindestens 1100 mm entfernt sein, ansonsten muss die Lücke geschlossen werden, z. B. mit einer Axelent-Fußleiste.
Herausschleudern von Teilen oder Herausspritzen von Flüssigkeiten
Können Teile herausgeschleudert werden oder gefährliche Flüssigkeiten verschüttet werden?
Herausschleudern von Teilen oder Herausspritzen von Flüssigkeiten
Wenn die Teile kleiner als der gewählte Maschenabstand sind oder Flüssigkeit verschüttet werden kann, sollte die Verwendung von Wandelementen aus Kunststoff oder Stahlblech in Betracht gezogen werden.
Bewegliche trennende Schutzeinrichtungen für häufigen Zugang
Dazu gehören Schwenk- und Schiebetüren, Deckel und Klappen. Sie lassen sich schnell öffnen und schließen. Um zu verhindern, dass sie während des Betriebs offen bleiben, müssen sie jedoch überwacht werden.
Bewegliche trennende Schutzeinrichtungen für häufigen Zugang
Wenn der Zugang zu einem Gefahrenbereich häufig erforderlich ist (typischerweise häufiger als einmal pro Woche), wird man eine „bewegliche trennende Schutzeinrichtung“ einsetzen.
Für sie gelten zwei Hauptforderungen:
- Die Steuerung der Maschine muss den Zustand der Schutzeinrichtung überwachen (offen/geschlossen). Sie muss jede gefährliche Bewegung/Zustand in der Maschine beenden, sobald die Schutzeinrichtung geöffnet wird.
- Es darf nicht möglich sein, gefährliche Bewegungen zu starten, solange die Schutzeinrichtung offen ist.
Diese Funktion bezeichnet man als „Verriegelung“, weil die Bewegung des Antriebs in der Maschine sozusagen mit einem „Riegel“ verhindert wird, solange die Schutzeinrichtung offen ist. Die meisten beweglichen trennenden Schutzeinrichtungen haben die Form von Schwenk- oder Schiebetüren, Klappen und Deckeln.
Der Zustand der Tür wird von einem sog. Türsicherheitsschalter überwacht (der Oberbegriff lautet etwas künstlich „Verriegelungseinrichtung“). Es gibt grundsätzlich drei Bauformen und es gelten recht enge Spielregeln für deren Einsatz (siehe Kapitel 3.6).
Zuhaltung
Öffnen während des Betriebs verhindern
Manchmal dauert es einen Moment, bis eine Maschine nach dem Öffnen einer Tür anhält.
Personen könnten dann bewegliche Teile noch erreichen, was gefährlich sein kann. In solchen Fällen rüstet man die bewegliche trennende Schutzeinrichtung mit einem elektrischen Schloss aus. Es verhindert, dass die Tür geöffnet werden kann, solange die Maschine nachläuft. Diese Funktion bezeichnet man als „Zuhaltung“.
Wenn der Bediener einen Gefahrenbereich durch eine zugehaltene Tür betreten will, muss er dies erst der Steuerung „mitteilen“. Meistens drückt er dazu einen Taster an der Tür oder auf einem Bedienfeld. Die Maschine hält dann an oder geht in einen sicheren Zustand. Danach öffnet die Steuerung das Schloss an der Tür (gibt die Zuhaltung frei). Beim Ausfall der Stromversorgung bleibt die Tür normalerweise zugehalten. Dies birgt die Gefahr des Einschließens einer Person in einer Maschine, siehe Abschnitt „Umgang mit Einschließgefahr".
Eine Zuhaltung ist auch sinnvoll, wenn das Öffnen einer Tür während des Betriebs größere Störungen verursachen würde. Dann handelt es sich bei der Zuhaltung jedoch nicht um eine Sicherheitsfunktion, weil sie nicht aus Sicherheitsgründen eingebaut wird. Für solche Anwendungen werden oft magnetische Zuhaltungen verwendet, die bei Ausfall der Stromversorgung öffnen.
Weitere Informationen zu Zuhaltung finden Sie in Abschnitt 3.4.
Schließen führt nicht zum Start
Manchmal möchten Konstrukteure Schutzeinrichtungen so einsetzen, dass ein Ablauf sofort (wieder) startet, wenn der Bediener eine Tür schließt. Normalerweise ist das nicht zulässig.
Das Schließen der Tür darf nur die Verriegelung zurücksetzen. Erst wenn man danach einen Starttaster drückt, beginnt der Ablauf.
Wenn das Schließen der Schutzeinrichtung den Start auslösen soll, handelt es sich um eine „trennende Schutzeinrichtung mit Startfunktion“.
Die Einschränkungen für diese Art Schutzeinrichtungen sind ziemlich streng:
- Die Offen-Zeit muss kurz sein und überwacht werden. Wenn die Schutzeinrichtung länger offen ist als eingestellt, wird der Start beim Schließen verhindert.
- Das Schließen der Schutzeinrichtung darf
nur einen kurzen Zyklus auslösen.
- Die Schutzeinrichtung muss zuverlässig
offengehalten werden, damit sie sich nicht zufällig schließt (das würde ja den Start auslösen).
- Alle anderen Schutzeinrichtungen müssen
verriegelt sein, so dass kein unerkannter Zugang zum Gefahrenbereich möglich ist.
Angetriebene Schutzeinrichtungen
Um Zeit zu sparen oder schwere Schutzeinrichtungen zu bewegen, werden oft elektrische, pneumatische oder sogar hydraulische Antriebe eingesetzt.
Angetriebene Schutzeinrichtungen bringen jedoch in der Regel Quetsch- oder Schergefahr mit sich. Wenn das der Fall ist, muss die Schutzeinrichtung mit zusätzlichen Sicherheitseinrichtungen versehen sein. Gleichzeitig müssen Kraft/Geschwindigkeit angetriebener Schutzeinrichtungen eng begrenzt werden.
Ohne eine zusätzliche Sicherheitseinrichtung darf eine Kraft von 75 N und die Energie von 4 J beim Schließen einer Schutzeinrichtung nicht überschritten werden. So werden Knochenbrüche oder noch schwerere Verletzungen verhindert. Aber auch 7,5 kg auf einem Finger tun ganz schön weh.
Daher setzt man an angetriebenen Türen oft sog. „Schaltleisten“ ein. Meist ist die Schaltleiste eine bewegliche Schiene oder ein Gummilappen/-puffer, der Körperteile im Fahrweg der Tür erkennt. Die Schließkraft der Tür betätigt die Schaltleiste und die Tür hält an oder fährt ein Stück oder sogar ganz zurück.
Die Auslösekraft ist auf 150 N und die Energie auf 10 J begrenzt.
Als Alternative zu Schaltleisten können Sie zur Kraftreduzierung Gegengewichte oder ähnliches (Rutschkupplung, Druckbegrenzungsventil, Drehmomentbegrenzer) verwenden.